Tagesablauf eines Gorilla-Trekking
30. Juni 2016Gorillas – die sanften Riesen. Wer sich auch nur wenig mit den Gorillas auseinandersetzt merkt schnell, dass das Bild vom aggressiven und gefährlich Primaten nicht stimmt. Gorillas sind reine Pflanzenfresser und trotz ihrer unglaublichen Kraft friedfertige Tiere. Ein Gorilla-Trekking in Ruanda bietet die Möglichkeit diese faszinierenden Tiere aus der Nähe zu beobachten und ich erläutere gerne wie ein typischer Tag abläuft.
Der Tag startet früh morgens. Von unserer Unterkunft in Musanze/Ruhengeri im Virunga-Massiv geht es mit einer ca. 30-minütigen Fahrt zum Park-Hauptquartier los.
Um den Gorillas möglichst viel Ruhe zu gewähren, ist die Gruppengrösse auf 8 Personen beschränkt. Selbst wenn man privat unterwegs ist, erfolgt das Trekking in der Gruppe. So ist es möglich, den Gorilla-Familien auch mal einen Tag Pause von menschlichem Besuch zu gewähren. Nach einem ausführlichen Briefing mit «Do’s & Dont’s» geht es los; jedoch nicht zu Fuss, sondern erneut motorisiert. Je nach Aufenthaltsort der zu besuchenden Gorilla-Familie wird der nächst gelegene Parkeingang angefahren. Dies kann auch mal 2 Stunden dauern. Kaum hat man den Nationalpark dann betreten, findet man sich schon im Dickicht des Regenwaldes wieder. Begleitet von einem Führer und einem Ranger suchen wir uns den Weg durch den Wald. Auf Trampelpfaden nähern wir uns dem Aufenthaltsort der Gorillas.
Ein Tipp: Langärmlige Kleider, lange Hosen, Handschuhe (am besten Gartenhandschuhe) und Gamaschen sind nützlich, da diese gut vor Dornen und Ästen schützen.
Eine Vorhut von Rangern, die vor uns gestartet ist um die Gorillas anhand der Spuren aufzuspüren, steht per Funk in ständigem Kontakt mit unserem Führer. Ohne Frage, es kann anstrengend sein in diesem Dickicht seinen Weg zu finden – Über oder unter umgefallenen Baumstämmen durch, rutschige, steile Partien bewältigen, Gestrüpp mit Dornen umgehen usw. Wie lange man läuft, weiss man im Voraus nie. Eine gute Basisfitness ist also Grundvoraussetzung. Wir machen immer wieder einen kurzen Halt, um einen Schluck Wasser zu nehmen oder bei einer Lichtung die Weitsicht zu geniessen.
Plötzlich: Halt! Es heisst Rucksäcke ausziehen und alles was nicht gebraucht wird, bis auf die Kamera, ablegen! Die Gorillas sind ganz nahe. Getränke und Nahrungsmittel müssen beim Gepäck gelassen werden, damit wir die Gorillas in ihrem natürlichen Verhalten nicht beeinflussen. Das Herz beginnt zu pochen. Nur noch wenige Meter, und wir werden sie sehen. Und plötzlich auf einer Lichtung sind sie da: Einer, zwei, drei – nein vier und da, ein fünfter…
Wir haben unglaubliches Glück. Auf einer offenen Lichtung im sonst dichten Wald treffen wir auf die Gorilla-Familie. Es herrscht Stille, nur das unaufhörliche Klicken der Kameras ist zu hören. Also Kamera weglegen und einfach mal beobachten und geniessen: Da läuft der mächtige Silberrücken, dort tollen Jungtiere herum und hier ist eine Mutter mit einem 3-monatigen Baby. Die Gorillas lassen sich von uns nicht stören. Der eine schläft, der nächste frisst, wieder andere spielen. Und immer wieder ein kontrollierender Blick des Silberrücken. Man fühlt förmlich die nahe Verwandtschaft zwischen Mensch und Gorilla.
Schlagartig erhebt sich der Silberrücken, der Chef der Familie, welche in unserem Fall aus 17 Gorillas besteht. Alle folgen ihm ins Dickicht um auf Nahrungssuche zu gehen. Bis zu 6 Stunden am Tag verbringen die Gorillas mit essen. Ein Silberrücken muss pro Tag bis zu 20 kg vegetarische Nahrung aufnehmen. Wir folgen den Gorillas in sicherem Abstand. Nun sind sie überall um uns herum verteilt. Plötzlich knackt es neben mir: Ein ausgewachsenes Weibchen läuft an mit vorbei, keine 2 Meter entfernt! Doch ich bin nicht interessant, die Bambussprossen, ihre Lieblingsspeise, sind viel spannender. Egal in welche Richtung man blickt, überall sieht man die Gorillas.
Aus dem Nichts, wie ein Wecker der einen morgens aus dem Schlaf reisst, heisst es: «Time is over!», «Was, schon?». Unsere Besuchszeit ist abgelaufen. Zum Schutz der Gorillas ist diese auf eine Stunde pro Familie und Tag beschränkt.
Auf dem Rückweg zu den Fahrzeugen wird der Picknick-Lunch eingenommen und nach der Rückkehr zur Unterkunft steht der Rest des Tages zur freien Verfügung, um Fotos und Erlebnisse mit Mitreisenden auszutauschen oder einfach um zu entspannen.
Auch wenn es ein absolut einmaliges Erlebnis war, hoffe ich es war nicht das letzte Mal. Hat man einmal Gorillas in freier Wildbahn beobachtet, so packt einen diese faszinierende Spezies. Berggorillas werden weltweit in keinem Zoo gehalten. Sie kommen nur im Dreiländereck von Ruanda, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo vor. Auch wenn sich die Population in den letzten Jahren etwas erholt hat, bei gerade mal ca. 900 noch lebenden Primaten ist ein intensiver Schutz nötig. Ich will mir nicht vorstellen, dass diese faszinierende Tiere fast ausgerottet wurden. Diese sanftmütigen Riesen müssen geschützt werden und mit den, zugegeben, hohen Gebühren für die Permits wird zum Glück genau das umgesetzt. Nur so erhalten auch zukünftige Generationen die Möglichkeit, diese einmaligen Geschöpfe nicht nur aus den Geschichtsbüchern zu kennen.