Mit dem Snowboard durch Kanada
13. Februar 2019Kanada, ein Abenteuerspielplatz für Freerider. Der Startpunkt unseres Abenteuers war die Calgary-Filiale der Autovermietung. Dort wartete ein riesiges Pickup-Wohnmobil auf uns, das zwei Wochen lang unser Zuhause sein sollte. Unsere gemütliche Hütte auf Rädern hatte ein Bett, einen Tisch, eine winzige Küche und ein Bad, das wir kurzerhand zum Lager für unsere Winterausrüstung umfunktionierten.
Fernie
Es dauerte nicht lange und schon kreuzten wir auf dem kanadischen Highway in Richtung British Columbia. Unser erster Stopp war Fernie, wo Sebi gleich ab den ersten Kurven mit Blick auf die Berge voll aufdrehte. Und ich? Ich war anfangs nicht ganz so enthusiastisch … Die steilen und felsigen Berghänge erinnerten mich an meine Höhenangst, und ich fühlte mich eher schwindelig als begeistert! Was mich rettete, war der Gedanke, dass ich schon bald mein neues RIDE-Snowboard ausprobieren können würde. Die Firma hat vor Kurzem in der Pig-Kollektion ihr erstes Board für Frauen herausgebracht. Mein Psychocandy ist wunderschön gestaltet und ich habe es mit coolen Stickern aufgemöbelt.
Unser Campingplatz in Fernie lag gleich an den Hängen, sodass wir vom Berg direkt in unseren «Hinterhof» fahren konnten. Morgens holten wir uns in der Stadt etwas zu essen oder frühstückten schnell gemütlich in unserem Wohnmobil und fuhren dann zu den Liften, um uns sofort in das Vergnügen zu stürzen. Auch wenn die meisten Resorts nur drei oder vier Lifte haben, gab es kaum Warteschlangen. Die Gegend bietet einfach so viele Riding- und Freeriding-Möglichkeiten, dass sich der Andrang wie von selbst verteilt, da jeder sein eigenes Abenteuer sucht. Deshalb trifft man an den Liften immer nur sehr wenige Leute an.
Whitewater
Nach Fernie stand Whitewater in der Nähe der Stadt Nelson auf dem Programm. Das in einem Kessel gelegene Resort bietet zu allen Seiten einen herrlichen Blick auf die Berge. Wir fühlten uns mittlerweile wie echte Abenteurer und entschieden uns, die Nacht auf dem Wohnmobil-Parkplatz des Resorts zu verbringen. An dem Punkt waren wir auch mehr als happy mit der «Sanitärausstattung»: zwei chemische Toiletten und Schnee als Zahnpasta. Als er in dieser Nacht rausmusste, hatte Sebi die Eingebung, dass es eine fantastische Idee wäre, das Mondlicht für eine mitternächtliche Expedition zu nutzen. Nach ein paar verschlafenen Protesten meinerseits waren wir schon bald beide draussen und wanderten durch den Tiefschnee.
Nelson ist ein hübsches Städtchen am See, das von einer unendlichen Bergwelt umgeben ist – und ich denke, dass diese Landschaft auf jeden Fall das Wesen der Menschen prägt. So gut wie allen Einheimischen, die wir dort kennengelernt haben, liegt das Freeriden echt im Blut. Freeriding ist in Kanada ein Lebensstil. Die Menschen wachsen in den Bergen auf und lernen von der Natur. Kanadische Freerider haben mit den europäischen Pistenskifahrern, wie wir sie kennen, rein gar nichts gemein. Man sieht ihnen den Freeriding-Spirit regelrecht an – an ihrer Art, sich zu kleiden, an der Art und Weise, wie sie an die Hänge herangehen … Nichts hält sie auf und nichts kann sie bremsen. In British Columbia finden viele Junior-Freeriding-Wettbewerbe statt, bei denen die Kids sich völlig angstfrei an Berghänge wagen, die ich nicht einmal auf dem Bauch runterrutschen würde.
Red Mountain
Unsere nächste Station war Red Mountain nahe Rossland, wo der Karneval gerade in vollem Gange war. Das süsse Städtchen war rundum zum Feiern aufgelegt, und wir natürlich auch. Da kam der Caesar genau richtig! Dieser Kult-Cocktail wurde von einem italienischen Barkeeper erfunden, der in Kanada arbeitete. Er wollte einen Drink kreieren, der ihn an seine Heimat erinnerte und nach Spaghetti, Tomatensauce und Muscheln schmeckte. Also mixte er Clamato-Saft und Wodka und servierte dazu salzige Köstlichkeiten (Schinkenspeck, Essiggurken, Oliven …). Im Ernst – das muss man unbedingt einmal probiert haben! Die Flüssigkeit sieht aus wie Blut, aber der Caesar ist jetzt mein absoluter Favorit. Und dabei bin ich eigentlich eingefleischter Negroni-Fan.
Red Mountain ist bei jedem Wetter absolut spektakulär. An bedeckten Tagen bildet sich ein riesiger Ozean aus Wolken, aus dem nur ein paar stolze Gipfel herausragen. Ein Traum für Instagramer – und ein Moment purer Lebensfreude für alle, die auf Social Media gern verzichten.
Revelstoke
Auf dem Weg nach Revelstoke mussten wir mit der Fähre übersetzen, was ein unterhaltsames Erlebnis war. Und die Fahrt inmitten der imposanten Rockies, vorbei an endlosen Seen, war ein fesselndes Erlebnis, von dem ich nie genug bekommen konnte.
Revelstoke ist die Heimat vieler berühmter Freerider und hat einige der besten Ski- und Snowboard-Talente unserer Generation hervorgebracht. Die gesamte Stadt frönt dem Freeriding-Spirit – von den Outdoor-Läden bis hin zu den Restaurants. Ausserdem führt der Trans-Canada Highway durch die Stadt, sodass in Revelstoke Reisende aus Ost und aus West zusammenkommen. Und es gibt einen kleinen Flughafen für alle, die gern einmal aus der Vogelperspektive auf die spektakuläre Landschaft blicken wollen.
Mein Psychocandy zu riden war in Revelstoke der absolute Fun. Auf den «einfachen» Aufstieg zur Spitze des Resorts folgen lange, weisse Schneefelder, gespickt mit gefrorenen Bäumen – über die man einen Ollie springen oder die man im Zickzack umfahren kann (wenn man es denn schafft, ihnen auszuweichen).
Golden und Rogers Pass
Nach ein paar Tagen machten wir uns auf den Weg nach Golden. Die Strecke führte uns zum Rogers Pass im Zentrum des Glacier-Nationalparks, den Sebi das «Backslap-Paradies» taufte. Wir schauten im Informationszentrum des Parks vorbei und informierten uns über die Schneeverhältnisse und Tourengebiete. Die Bedingungen waren sogar besser als erhofft, also blieben wir nach einem kurzen Abstecher in die Stadt Golden über Nacht in der Gegend.
Mein Highlight am nächsten Morgen war die Chance, mein neues K2 Splitboard zum ersten Mal auszuprobieren (um ehrlich zu sein, war es eigentlich das zweite Mal, aber das erste Mal zählt nicht, denn ich war mir nicht bewusst gewesen, dass die Bindungen einen «Aufstiegs-Modus» haben, sodass die Mission bereits kurz nach dem Start endete). Unsere Expedition war ein voller Erfolg: Trotz meiner Faulheit schaffte ich ein ordentliches Tempo, Sebi gelangen ein paar coole Schnappschüsse und wir beide konnten in dieser wilden und geschützten Region durch tiefen Pulverschnee riden.
Ein paar letzte Gedanken Mit einem Wohnmobil unterwegs zu sein, hat Spass gemacht und es war echt bequem, dass wir unsere Sachen die ganze Zeit zur Hand hatten. Natürlich waren wir auch ständig gezwungen, mit unserem ganzen Haus herumzufahren – selbst für kleine Ausflüge ins Restaurant. An den ersten Tagen taten wir uns schwer damit, flexibel zu sein. Aber schon nach 2–3 Tagen und trotz meiner nicht vorhandenen Eignung zur Co-Pilotin und Parkeinweiserin hätte Sebi es selbst mit verbundenen Augen geschafft, das Wohnmobil zwischen Bäumen und Autos einzufädeln.
Die Bedingungen können echt rau sein, deshalb ist Allradantrieb unerlässlich. Ausserdem würde ich empfehlen, auf die automatisch berechnete Fahrtzeit immer noch eine grosszügige Marge draufzuschlagen – Google Maps plant nämlich weder Boxenstopps noch Pausen zum Landschaftbestaunen oder solche Strecken ein, auf denen der Schneefall die Fahrgeschwindigkeit auf Schritttempo reduziert.
Was das Skifahren/Snowboarden angeht, raten wir dringend dazu, die eigene Touren-Ausrüstung mitzubringen. In allen Resorts gibt es eine grosse Auswahl an attraktiven Off-Piste-Möglichkeiten, aber das Gelände erreicht man nur, wenn man die entsprechende Ausrüstung dabei hat. Das Wichtigste ist natürlich die Sicherheit – also stürzt euch bitte nur in das Abenteuer, wenn ihr gut ausgestattet und vorbereitet seid. Achtet darauf, dass ihr immer euer Lawinen-Kit bei euch habt, und schaut euch den Schnee- und Wetterbericht an, bevor ihr zu einer Tour startet. Informiert euch, welche Hänge am stärksten der Sonne ausgesetzt sind, und scheut euch nicht, den Pistendienst um Tipps und Empfehlungen zu bitten. Macht eure Hausaufgaben und holt im Voraus Informationen zu den Bergen ein, die ihr riden wollt. Die Mühe lohnt sich auf jeden Fall – ihr werdet jede Menge Spass haben.
Innerhalb von nur zwei kurzen Wochen hatten Sebi und ich die Gelegenheit, auf den verschiedensten Flächen zu fahren und in der Wildnis zu leben … Und jetzt sind wir bereit: Freeride World Tour, wir kommen!
Infos zu den Resorts
Fernie
- Tolles, grosses Resort mit vielen Pulverschnee-Optionen
- Campingplatz in der Stadt
- «Steep & Deep Camp»-Führungen
- Frühstück: Blue Toque
- Abendessen: Brickhouse (Steakhaus/Bar) oder Nevados (mexikanisch)
- Drinks: ICE Bar im Restaurant Cirque
Whitewater/Nelson
- Kleines Resort (3 Lifte), gute Pulverschnee-Rides und vielfältige Touring-Möglichkeiten
- Camping im Resort (chemische Toilette, kein Strom)
- Dusche für 3 CHF im Schwimmbad von Nelson
- Frühstück: Resort-Cafeteria
- Abendessen: Red Light Ramen (gute Cocktails/Ramen), Outer Clove Restaurant (leckere Gerichte mit viel Knoblauch)
- Drinks: Backroads Brewing Company Bar
Red Mountain
- Mittelgrosses Resort (7 Lifte), gute Pulverschnee-Rides, Catskiing (Big Red Cats/Mt Kirkup (CAD 10)), vielfältige Touring-Möglichkeiten
- Kostenlose Führungen durch das Resort um 9.00 und 12.30 Uhr
- Camping in der Nähe der neuen Jugendherberge (Sanitäranlagen rund um die Uhr geöffnet, kein Strom)
- Frühstück: Resort-Cafeteria
- Essen: Rafters Lounge (Drinks und Mittagessen), The Josie Hotel (schickes Abendessen)
Revelstoke
- Grosses Skigebiet (2 Gondelbahnen, 2 Sessellifte), Möglichkeiten für kurze Wanderungen, vielfältige Touring-Möglichkeiten
- Camping auf dem Boulder Campground (Strom, Whirlpool, Wäscheservice)
- Thermalquellen vor der Fähre
- Frühstück: Dose oder La Baguette
- Mittagessen/Après-Ski: Rockford
- Abendessen: 112 Restaurant (schick) oder Chubby Funsters (Sportbar/Abendessen/Drinks)
- Weitere Aktivitäten: Hundeschlittenfahrten, Schneemobile, Heliskiing, Coworking-Space «colab»
Kicking Horse und Rogers Pass
- Rogers Pass National Historic Site (Anmeldung für Camping und Touring)
- Camping auf dem Pass mit Toiletten
- Riesige Touring-Möglichkeiten (keine Lifte)
- Essen: Copper Horse Steakhouse (leckerstes Steak im Resort)
Kommentare
hallo und guten Tag
Euren hier oben angeführten Reisebericht hört sich recht gut an. Da wir auch in diesen Winter eine Reise auf dem Powder Highway Planen würde ich gern wissen in wie weit es im besagtem Wohnmobil bei diesen Temperaturen es auch angenehm warm wird und bleibt. Denn es wäre eine Coole alternative und Flexibilität.
Vielleicht könnt ihr uns auch beantworten wie hoch im durchschnitt die Standgebühren auf denn Campingplätzen sind.
Hallo Hans
Besten Dank für das Interesse am Powder Highway.
Natürlich bieten wir mit dem Fraserway Overlander auch ein Fahrzeug mit 4×4 und Standheizung an. Campingplätze kosten je nach Art des Stellplatz zwischen ca. CAD 40 und CAD 100 pro Nacht. Für Details und Buchung stehen wir gerne zur Verfügung.
Liebe Grüsse
Dein Travelhouse Team