American Cocktail Culture und Renaissance der Speakeasy
29. August 20141919 wurde in der amerikanischen Verfassung eine Änderung angefügt, die im Prinzip den Verkauf, Transport und die Produktion von Alkohol in den USA vollständig untersagte. Die Idee war es, dem damals oft übermässigen Alkoholkonsum ein Ende zu setzen und eine Gesellschaft mit reineren Moralidealen zu kreieren.
Nicht viel anders als bei unserer Einwanderungsinitiative waren aber vor allem auch emotionale Gründe und Unbehagen gegenüber der neuen ethnischen Gruppen, die sich massenweise in den Grossstädten nieder liessen und oft in grösster Armut lebten, die wirkliche Basis des Verbotes. Und wie das so oft der Fall ist mit Verboten, so verschob sich das Ganze (Problem) einfach in die «Unterwelt».
In New York City zum Beispiel, wo in den ersten Jahren der Prohibition, Hunderte von Saloons geschlossen wurden, entstanden einige Tausend illegale, versteckte Drinketablissemente, die als Speakeasy bekannt waren! Und so erlebte der Alkoholkonsum eine richtige Blütezeit, statt ausgerottet zu werden.
Um Alkohol servieren zu können, wurde er Zuhause in Badewannen (bath tubs) selbst produziert. Oft wurde der Alkohol «getarnt» in Getränken die eher aussahen wie Fruchtsäfte, woraus sich eine sehr kreative Cocktail Kultur entwickelte.
Diese Ära der «roaring 20s» und der «Flapper» ist in den letzten Jahren wieder sehr stark aufgelebt und die «hand crafted» Cocktails sind heute wieder der absolute Trend. Bartender nennen sich heute Mixologen und haben Spezialdisziplinen und «geheime» Mischungen. Zum Beispiel ein «klassischer Manhattan» hat heute Dutzende von Variationen und Hunderte von Mischungen mit handgemachten Bitters, kleinen Produktionen von Bourbon und allen möglichen Varianten von Maraschino Kirschen.
Immer mehr neue trendige Bars, die sich auf Cocktails spezialisieren, entstehen in allen Metropolen der USA. In Seattle hat sich nun aber auch die Tradition der Speakeasy neu erfunden. Was in New York, San Francisco, Las Vegas oder Los Angeles als kommerzieller Unsinn angesehen wird (wer «versteckt» schon sein Geschäft?), gilt hier als cool und «cutting edge».
Es ist aber nicht nur ein Gag. Die Bartender hier gehören auch zu den innovativsten im ganzen Land und «Mixologen» aus New York, Las Vegas, Los Angeles, Miami, San Francisco etc. kommen hierher, um die neusten Trends zu erkennen und dann zu «exportieren».
Diese Speakeasy zu finden und auszuprobieren macht Spass und da Seattle eine «walking city» ist, wo man nicht Auto fahren muss, kann da jeder, der mindestens 21 Jahre alt ist, mitmachen!
Tavern Law
Ein äusserst beliebtes Restaurant mit sehr bekannter Bar. Im hinteren Teil des Restaurants befindet sich eine schwarze Tür und ein altmodisches schwarzes Telefon an der Wand. Wenn man den Hörer abnimmt, antwortet der Bartender im Speakeasy im oberen Stock. Entweder hat man eine Reservation oder er hat einen Platz an der Bar, dann ertönt ein Buzzer und man darf rein. Andernfalls beliebt die Bar im Restaurant als Endstation!
Knee High Stocking Company
(Nur) Per SMS kriegt man «Richtungsanweisungen» («Look for brown door!») und wird nach dem Namen gefragt, den man dann zum Einlass auf der Liste haben muss!
Neben diesen paar klassischen Speakeasy bietet Seattle aber noch viel mehr an exklusivster, innovativer 1920er Cocktail Culture mit international ausgezeichneten Etablissements, wie zum Beispiel dem Canon und dem Zig Zag Cafe, oder wo grad immer Murray Stenson, einer der berühmtesten Bartender der USA zu treffen, beobachten und geniessen ist!
Natürlich beschränkt sich dieser Trend nicht auf Seattle, aber es ist sicher das Zentrum der neuen Ära von traditionellem Speakeasy in den USA. Während vor allem die ganz grossen Metropolen kommerziellere Versionen, mit einfacherem Zugang zu perfektionieren versuchen.
In San Francisco hat Bourbon & Branch ebenfalls kein Schild vor der Tür und nur wer eine Reservation per Telefon gemacht hat, kriegt das nötige Passwort um reinzukommen. Local Edition und Slide sind sogar unterirdisch, wobei man das letztere per «slide» (Rutschbahn) erreicht.
Ein paar weitere solche erwähnenswerte, mehr oder weniger «geheime Orte» sind in allen Regionen der USA zu finden. MLS im, ebenso wie Seattle, super trendigen Portland, Oregon. Patterson House in Nashville, wo definitiv ein südlicher Einfluss bei den Cocktails erkennbar ist.
Im Saloon bei Sommerville, einem Vorort von Boston, muss man durch eine halb versteckte Treppe und die Tür eines Klosters aus dem 17. Jahrhundert gehen, um reinzukommen, damit man einen der 150+ Whiskeys oder ganz spezielle Prohibition Ära Cocktails geniessen kann.
Und wie es sich zum Schluss gehört, so gibt’s im ultra trendigen New Yorker Stadtteil Brooklyn sogar ein «Dessert Speakeasy», welcher sich Spirited nennt. Spezialisiert auf exklusive, leicht alkoholisierte Desserts, kann man mit einem gewissen «geheimen» Passwort, das man via Twitter oder Facebook ausfindig machen kann, diese Desserts auch in potenterer alkoholisierter Form bestellen und geniessen!