Sehnsucht Patagonien – Torres del Paine, Perito Moreno Gletscher und Schotterpisten ohne Ende
3. Juni 2013Nach dem ersten Reisebericht «Faszination Atacama — trockenste Wüste im Norden Chiles» schreiben die Reise-Reporter Katja Birrer & Walter Schärer nun über ihre Patagonien-Reise.
Wir fliegen nach Patagonien! Ja – DAS Patagonien! Das Vielbeschworene, wovon alle mit so viel Sehnsucht darüber sprechen. Das schürt natürlich Erwartungen und entsprechend sind wir gespannt wie eine Wäscheleine auf das, was uns am Ende der Welt erwartet. Voller Abenteuerlust reisen wir also vom winterlichen Zürich mit SWISS via Sao Paolo nach Santiago de Chile, um uns die Chose mal mit eigenen Augen anzusehen.
ANKUNFT IN PUNTA ARENAS
Nach einem kurzen Flug von Santiago de Chile landen wir im verregneten und kühlen Süden Chiles, in Punta Arenas.
Vorsorglich hatten wir einen 4×4 Jeep gemietet. Nachdem wir unser Gefährt in Empfang genommen haben, machen wir uns auf den Weg durch die reizlose Ebene Richtung Puerto Natales. Durch viel Steppe und viel… Nichts! Immer geradeaus, kurz vor dem Zustand der Lethargie, weil die Fahrbahn allmählich zum Asphaltfliessband wird.
Was für ein ernüchternder Empfang! Punta Arenas scheint tatsächlich am Ende der Welt zu liegen. Oder ist es «normal», dass hier so eine Art Weltuntergangsstimmung herrscht?
Ab und zu sichten wir einsam gelegene Häuser, beziehungsweise Hütten. Ob hier wirklich jemand zu Hause ist? Was tun die hier den ganzen Tag oder sogar die ganze Woche? Ganz zu schweigen vom ganzen Monat?… Allmählich trübt sich unsere Abenteuerlust.
Wir fahren weiter auf der vereinsamten Strasse, die zu unserer Bestürzung auch noch «Ruta Fin del Mundo» heisst. Na dann, gute Nacht…
ERSTER STOP IN PUERTO NATALES
Hoffnungsvoll erreichen wir Puerto Natales – was für ein vielversprechender Name! (Wobei auch schon «Punta Arenas» besser klang als es dann aussah…) Das Dörfchen ist der typische Ausgangspunkt für Expeditionen in den vielgerühmten Torres del Paine Nationalpark. An jeder Ecke finden sich Reiseveranstalter und Outdoor-Equipment-Shops.
Das verschlafene Nest scheint aus einer losen Ansammlung kleiner, farbiger Holzhäuser zu bestehen, mit einem kleinen, schachbrettartig angelegten Zentrum und seinen vielen Einbahnstrassen. Wer schon mal in New York war, weiss was wir meinen, aber einfach ganz anders…
Immerhin taucht am Dorfende mit dem Remota ein Designhotel auf, das sich gewaschen hat, respektive das sich architektonisch spektakulär von der steppenartigen Landschaft abhebt…
PATAGONIA CAMP AM LAGO TORO
Nach unserer ersten Nacht in Patagonien und einer «bewegten« Fahrt über die holprigen Schotterpisten, erreichen wir am nächsten Morgen den Torres del Paine Nationalpark.
Unseren ersten Halt machen wir beim Lago de Toro und dem Patagonia Camp, wo wir zwei Nächte in Yurten verbringen. Allmählich kommt wieder Stimmung auf…
Als wir dann allerdings mit dem Tour-Guide des Patagonia Camps auf Exkursion gehen, schauen wir uns etwas verunsichert an und halten nach «versteckter Kamera« Ausschau. Denn stolz und patriotisch hebt Rastaman «Rodrigo» ALLES hervor, woran wir vorbeifahren: Zypressen (knapp mannshoch), Chimango-Caracaras (ein falkenartiger Piepmaz, kaum grösser als eine Krähe) oder Wasserfälle (verglichen mit dem Rheinfall ein besseres Rinnsal).
Das höchste der Gefühle sind ein paar Guanacos, die wir ab und zu sichten und ein Nandu, eine Art kleiner Strauss, ist dann schon ein Highlight allererster Güte! Die Birdy-Spezialisten neben uns sind aus dem Häuschen!
Langsam dämmert es uns: Patagonien wird total überbewertet!… Wir hätten auch nach Graubünden fahren können, hätte uns besser gefallen.
DANN ABER – TORRES DEL PAINE NATIONALPARK
Dann aber – als hätte uns der liebe Gott, der Schöpfer des Paradieses Patagonien, gehört – geht es Schlag auf Schlag: Als wir in den Torres del Paine Nationalpark einfahren, kommt ein überwältigendes Gefühl auf. Die Landschaft ist wild, rauh und irgendwie mystisch. Ein Condor segelt rauschend an unserem Van vorbei in die Tiefe.
Hinter der nächsten Kurve ragen majestätisch die Cuernos (Hörner) des Paine Bergmassivs in die Höhe.
Wir halten einfach nur noch den Mund und schauen uns mit grossen Augen an… Und als wir uns dem Lake Gray nähern, sind wir überwältigt von den bizarren, tiefblauen Eisformationen, die gespenstisch im See treiben und Monate früher vom Gray Gletscher abgebrochen sind.
Der Torres del Paine Nationalpark, der zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt, verspricht atemberaubende Panoramabilder, Gletscher, Flüsse, Seen, Wälder und … ok, zugegebenermassen auch eine artenreiche Vogelwelt.
Ein Wort der Warnung: Der Torres del Paine Nationalpark ist sehr weitläufig. Will man ihn in Richtung Argentinien durchqueren, muss man unbedingt in Puerto Natales volltanken. Je nach Reichweite des Tanks und Verbrauchs des Wagens reicht es dann ganz knapp bis zur Grenze nach Argentinien.
Dass beim Grenzübertritt mit dem Mietwagen ein ziemlicher Papierkrieg, ein handschriftlicher Eintrag des Grenzbeamten im Übertrittsbüchlein und eine happige Gebühr fällig wird, sollte nicht erstaunen. Bei der Ausreise aus Buenos Aires gilt dann ein digitaler Fingerabdruck mit Webcam-Portrait. Wie der handschriftliche Eintrag aus der Pampa mit dem Hightech-Eintrag aus der Metropole abgeglichen wird, echappiert uns bis auf weiteres…
Anyway, hat man die Schotterhölle und den Papierkrieg unbeschadet überstanden, nimmt man in Argentinien eine asphaltierte Strasse, die es in Google Maps nicht gibt (!), und gönnt sich die eintönige Fahrt ins argentinische El Calafate, wo man 8 Stunden später ankommen wird.
PERITO MORENO GLETSCHER
Das absolute Highlight in Patagonien war für uns der Perito Moreno Gletscher, der mit einer Fläche von über 250 km² protzt. Ehrwürdig präsentiert er sich vor den Augen der Touris. Die Gefühle, die beim Anblick des «weissen Giganten» aufkommen, sind überwältigend.
Einerseits herrscht eine fast schon heilige Stille über dem Jahrtausende alten Gletscher und andererseits lässt einen das Donnern und Krachen der Eiskanten zusammenzucken. Wir haben den Abbruch von Eisblöcken ins Wasser hautnah miterlebt – impostant!
Für das ultimative Perito-Moreno-Erlebnis muss man das Mini-Trekking auf dem Gletscher mitmachen! Unter fachkundiger Führung unternimmt man – natürlich mit Steigeisen eine kleine Wanderung auf dem Eis. Wir waren nach diesem Erlebnis nur noch sprachlos und haben dieses Gefühl einfach mal wirken lassen.
Soviel zum Thema «Überbewerten»… !
Patagonien mag auf den ersten Blick eintönig wirken. Hat man aber einmal hunderte von Kilometern Schotterpisten im Gaspedal und stösst in den Kern des riesigen Gebietes vor, eröffnen sich Landschaften und Ausblicke kolossalen Ausmasses! Wir waren begeistert und sehnen uns bereits zurück nach den beruhigenden Weiten und majestätischen Gebirgszügen der Anden.
Travelhouse informiert: Mehr über die Reise-Reporter und über Patagonien
Dieser Bericht wurde erstmals auf reisememo.ch im Blog von Katja & Walter veröffentlicht und von Katja Birrer & Walter Schärer zur Verfügung gestellt. Weitere Infos findet ihr in ihrem Reiseblog. Vielen Dank an die zwei Reise-Reporter für den Reisebericht und die wahnsinnig tollen Bilder.
Um Patagonien zu entdecken empfielt Franziska Saxer, Contracting Manager Latin America bei Travelhouse, besonders die 15-tägige Rundreise «Transpatagonia». Diese Reise führt Sie zu den schönsten Flecken in Chile und Argentinien. Es erwarten Sie malerische Seen- und Fjordlandschaften mit thronenden, schneebedeckten Vulkanen, legendäre Schotterstrassen durch eine der ursprünglichsten und unberührtesten Landschaften sowie atemberaubende Gletscherwelten und Bergketten am Ende der Welt.